50 Jahre Sparkassenautomation, Zeitgeschichte

50 Jahre Sparkassenautomation

Zeitreise vom Ende der 60er bis heute

Von 1970 bis 2002 habe ich in der SPARDAT (Sparkassen-Datendienst – EDV-Serviceunternehmen des Sparkassensektors) die tiefgreifenden Änderungen im Sparkassengeschäft und in der Computer-Technologie hautnah miterlebt. Davor war ich 4 Jahre in der Sparkasse St. Pölten beschäftigt und kenne so auch die Sparkassenwelt vor dem Einsatz der EDV.  Als Anwendungsentwickler  konnte ich den Weg von der Lochkarten-Zeit in die Internet-Ära aktiv mitgestalten. Die nachstehenden Ausführungen sind mein persönlicher  Rückblick auf diese Zeit.
Franz ANGELO Gruber – Biografie, Know-how, Hobbys und Interessen

Die 60er – Jahre in den österreichischen Sparkassen

Vor 50 Jahren wurden die meisten Gehälter bar ausbezahlt und die Stromrechnung bar einkassiert. Das Sparkassengeschäft beschränkte sich im wesentlichen auf die Hereinnahme von Spareinlagen und die Vergabe von Krediten. Jede der 170 Sparkassen hatte ihre eigene Automationsunterstützung.

Sparkassenfiliale St. Pölten um 1970
Das Sparkassengeschäft vor 50 Jahren
– eine Sparkasse anno dazumal,  Sparen = Spar(kassen)buch,  Gehalte- und Pernsionskonten, Zahlungen, Kredite und Darlehen, Wertpapiere 

meine Zeit in der Sparkasse St. Pölten  –  Sparkassen-Laufbahn in den 60-ern,  Giro-Abteilung 1966 – 1967, Filialen Kirchberg an der Pielach und Wilhelmsburg 1968 – 1969

Sparkassenautomation vor 50 Jahren – Buchungsmaschinen bei den meisten Sparkassen, Elektronische Datenverarbeitung (EDV) bei  der Girozentrale, der Erste Österreichischen Spar-Casse, der Zentralsparkasse, der Salzburger Sparkasse und der Kärntner Sparkasse.

Die 70er – Jahre
Ein Buchungssystem für alle Sparkassen

Die SPARDAT wurde mit dem ehrgeizigen Ziel gegründet, alle Sparkassen bis Ende der 70-er auf ein einheitliches System umzustellen. Die Daten wurden täglich in der Sparkasse auf Lochstreifen erfasst und in das regionale Rechenzentrum (Wien, Linz, Graz, Innsbruck und Vorarlberger Rechenzentum) geschickt. Nach Ende der Verarbeitung gingen die Buchungsunterlagen mit dem SPARDAT-Koffer zurück in die Sparkasse. Das erste Buchungssystem mit den Sparten Giro, Kredit, Spar, Dauerauftrag und Hauptbuch ging im März 1970 in Linz auf einer Bull-GE 415 in Betrieb. Die Anlieferung der Daten und die Auslieferung der Unterlagen erfolgte mit Bahn und Bus („Railway-Processing“).

SPARDAT-Koffer
SPARDAT-Buchungssystem in den 70-ern – Abwicklung im Rechenzentrum, Kassensystem, Zahlungsverkehr, individelle Datenerarbeitung (IDV), SPARDAT-Gesamtsystem

in Linz beginnts – mein Start in der EDV,  Eröffnung des Bull-Rechenzentrums in den Räumen der Allgemeinen Sparkasse Linz

SUSY  ein Super-System für alle Sparkassen– Buchungssystem SUSY (Super-System), Rechenzentren in Graz und Innsbruck, Programmtests in den Bundesländern, neues Darlehenssystem, maschinelle Kontenänderungen

GIBSY Girobuchungssystem für die Umstellung der GirozentraleÄnderung des Buchungssystems für die Umstellung der Girozentrale und der Vorarlberger Sparkassen, Betreuung des Buchungssystems im laufenden Betrieb.

Die 80er – Jahre
Online-System und Bankomaten

Mit dem Einsatz eines Online-Systems wurde das Kundenservice am Schalter und die Abwicklung mit dem Rechenzentrum vereinfacht. Das Ende der 70-er entwickelte Online-System CAROLINE wurde an alle Sparkassen ausgerollt und der Leistungsumfang mit dem Einsatz von Arbeitsplatz-Computern (zuerst BARBARA und dann CATS-PC´s) schrittweise erweitert. Die Neukonzeption des Spar-Systems war der erste Schritt von der Stapelverarbeitung zu einem Realtime-System. Mit der Kärntner Sparkasse und der Kremser Bank wurden zwei Eigenanwender Teil der Buchungsgemeinschaft.

CAROLINE das Buchungssystem geht online – Clint/Server-System CAROLINE,  Weiterentwicklung für den Einsatz von Kontoauszugdruckern in den Sparkassen und für komplexere Anwendungen mit dem Bildschirmterminal BARBARA (Bildschirm am Arbeitsplatz).

BankomatBargeld konnte ab 1980 österreichweit an allen Bankomat-Standorten behoben werden. Zum Unterschied von deutschen Vorbildern waren Behebungen an allen Bankomat-Standorten in  Österreich mit einer Bankomatkarte unabhängig von den Banköffnungszeiten möglich. Die Outdoor-Automaten funktionierten offline und die Transaktionen wurden als Datenträger an die einzelnen Rechenzentren übermittelt.
Bargeld aus dem Automaten – Outdoor-Automaten Inland und Ausland, Indoor-Automaten,  Bankomatkassen

die Kärntner Sparkasse kommt zur Buchungsgemeinschaft – Adaptierungen im Buchungssystem und Zahlungsverkehr

Spar-Realtime – Projektkonstruktion, Umsetzung mit dem Datenbanksystem ADABAS, Piloteinsatz bei der Sparkasse Baden, RZ-Konzentration, Einsatz für Bank Austria und Erste Bank

Die 90er – Jahre
Kunden-Geschäfts-System, PC´s und Internet-Banking

Der Windows-PC wurde Standard-Arbeitsplatz für alle Sparkassen-Mitarbeiter. Die Anbindung des Giro-Systems an die Kundendatenbank  war ein Meilenstein von einem kontenorientierten Buchungssystem zu einer kundenorientierten Geschäftsabwicklung.  Mitte der 90er ging das Internet-Banking für die Privatkunden in Betrieb und mit den Salzburger Sparkassen wurden die letzten Bundesländer-Sparkassen Teil der Buchungsgemeinschaft. Dabei wurden erstmals automatisierte Abläufe (Kredit, Kunden-Geschäfts-Informations-System, computerunterstützte Sachbearbeitung)  am Schalter und im Back-Office eingesetzt. Seither haben die Sparkassen-Kunden (via Internet-Banking) und die Sparkassen-Betreuer sofort einen einen Überblick über alle Geschäfte eines Kunden.

CATS PC-Arbeitsplätze für alle Sparkassen-Mitarbeiter – Auswahl Standard-PC für den Filial-Arbeitsplatz und für das Back Office, computerunterstützte Sachbearbeitung

Kundendatenbank – Anbindung Giro-System an die Kundendatenbank, aus Girozentrale und ÖCI wird die GiroCredit  – das neue Spitzeninstitut des Sparkassensektors, Umstellung ÖCI auf das SPARDAT-System.

Salzburger Sparkassen kommen zur Buchungsmeinschaft Herausforderndes Gesamtprojekt in enger Abstimmung mit der Sparkasse, viele neue Anwendungen, Umstellung Sparkase Mittersill, Erste Bank Radstadt und Tamsweg, Salzburger Sparkasse.

die Sparkasse kommt zum Kunden – zu Hause Kontostände und Umsätze abzufragen, Überweisungen durchführen, Daueraufträge und Karten bearbeiten, Wertpapiere kaufen und verkaufen.

Aufbruch ins neue Jahrtausend
Jahr 2000 und Euro-Umstellung

1997 übernahm die Erste Österreichische Spar-Casse die Girozentrale und die Führungsrolle im Sparkassensektor.  Als gemeinsames System für den Sparkassensektor wurde das SPARDAT-System ausgewählt. Die umfangreichen Änderungen für die Erfordernisse der neuen Großbank und die Umstellung wurden mit 2003 terminisiert. Die Adaptierungen für das Jahr 2000 und die EURO-Umstellung erfolgten noch in beiden Systemen und konnten problemlos abgewickelt werden.    

Euro Banknoten
EURO Bargeldumstellung – Machbarkeitsstudien Euro und Datum- 2000, Projekt EURO/2000, Zeitreise-Umgebung, Euro-Bargeldumstellung 2001/2002

1970 bis 2002 – ein Rückblick
Von der Lochkarte zu PC und Internet-Banking

Lochkarten

Zwischen 1970 und 2002 hat sich die Sparkassen-Welt und die IT grundlegend verändert. Ich hatte das Glück, diese Zeit mitzuerleben und mitzugestalten.

  • Von der Lochkarte zum Entwickler-Arbeitsplatz am PC  – Programmieren 1970 und 2002
  • Als erste Sparkasse nahm die Allgemeine Sparkasse Linz ab März 1970 die Dienste der SPARDAT in Anspruch, 1996 waren alle Bundesländer-Sparkassen in der Buchungsgemeinschaft und 1999 traf die Erste Bank die Grundsatzentscheidung für die Umstellung auf das SPARDAT-System
  • aus einer ausgelagerten Buchungsmaschine wurde eine kundenorientierte IT-Infrastruktur als Lebensader für die tägliche Geschäftsabwicklung
  • 1970 kam der Kunde zu den Öffnungszeiten in die Sparkasse. 2002 konnte  der Kunde rund um die Uhr in den SB-Filialen, an Bankomaten, an Bankomatkassen und mit Online-Banking die Dienste der Sparkasse in Anspruch nehmen

Nicht einmal die Gründer der SPARDAT haben diese Entwicklung vorausgesehen. Immer leistungsfähigere Computer eröffneten laufend neue Möglichkeiten. Beim Einsatz des Online-Systems CAROLINE als Client/Serverlösung und von PC´s als Arbeitsplatzsystem für alle Sparkassen- und SPARDAT-Mitarbeiter war die SPARDAT ihrer Zeit weit voraus.

Der Einsatz und die Innovationskraft der SPARDAT-Mitarbeiter, sowie die gute Zusammenarbeit mit den Sparkassen waren die wesentlichen Erfolgsfaktoren. Für die ständig neuen Aufgaben war lebenslanges Lernen unerlässlich. Dafür hatten wir zu einer Zeit PC-Arbeitsplätze mit Internet-Anschluss, wo viele mit diesen Begriffen nichts anzufangen wussten.

Sparkassen heute

Heute hat jeder ein Bankkonto, behebt sein Geld weltweit an Bankomaten, zahlt im Supermarkt an der Bankomat-Kassa und tätigt seine Bankgeschäfte mit dem Smartphone. Große Anstrengungen des Bankensektors, immer leistungsstärkere Computer und die Standardisierung des Zahlungsverkehrs waren dazu notwendig. Die SPARDAT-Buchungsgemeinschaft ermöglichte es ab 1970 jeder Sparkasse an dieser Entwicklung teilzuhaben. 50 Jahre später sind Erste Bank und Sparkassen die größte Bankengruppe Österreichs.  Mit einer komplexen, gemeinsamen  IT-Infrasttrukur ist es möglich, die Bankgeschäfte rund um die Uhr und rund um die Welt abzuwickeln.

Buch 50 Jahre Sparkassen-Automation

Buch-Cover
50 Jahre Sparkassen-Automation – 25 Autoren (ehemalige SPARDAT-Mitarbeiter, SPARDAT-Kunden und Externe) erzählen die Erfolgsgeschichte der SPARDAT-Buchungsgemeinschaft.