Die Ära Kreisky
Die Große ÖVP/SPÖ-Koalition hatte nach 20 Jahren ausgedient. Nach einer 4-jährigen ÖVP-Alleinregierung folgte dann die 13-jährige SPÖ-Alleinregierung unter Bruno Kreisky. „Bildung für alle“ war das Motto, Gratis-Schulbuch und Schüler-Freifahrten wurden eingeführt und die Hauptschule ersetzte die Volksschul-Oberstufe. Die Bauern wurden in das Pensionssystem eingebunden und eine niedrige Arbeitslosigkeit hatte die höchste Priorität. Der Wohlstand stieg, die Städte und Dörfer wuchsen, in Wien wurde die U-Bahn gebaut, die Donau wurde neu reguliert und mit der Donauinsel entstand ein neues Freizeit-Paradies. Mit der UNO-City erhielt Wien ein Internationales Zentrum und wurde so ein gefragter Tagungsort. Bruno Kreisky bemühte sich um Frieden in Nahost, leider vergeblich.
Ein neues Lebensgefühl
Der Generationenwechsel und die 68er-Bewegung brachte ein neues Lebensgefühl. Die Gesellschaft wurde offener und freier, neue Formen des Zusammenlebens wurden ausprobiert. Nach dem Muster von Woodstock wurden Open-Air-Festivals abgehalten, die aufgelassene Viehmarkthalle in Wien-St.Marx wurde besetzt und zu einem Veranstaltungszentrum umgewidmet. Der Austro-Pop erlebte seinen Höhepunkt, Andre Heller zelebrierte sich als Universalkünstler, Bernhard Paul gründete ohne Tiernummern den Circus Roncalli und Manfred Deix provozierte mit seinen Cartoons. Seit 1984 ist das Donauinselfest der jährliche Höhepunkt des Musiklebens und hat mittlerweile jährlich fast 3 Millionen Besucher. In Wien etablierte sich eine neue Beisl- und Kabarettszene und erweckte die verschlafene Innenstadt zum Leben.
Modernisierung des Wirtschaftslebens
Der Handel erlebte einen großen Umbruch; Supermärkte ersetzten die Lebensmittelgeschäfte, Drogerieketten die Fachgeschäfte und große Möbelhäuser die Wohnausstatter und Tischler. 1976 eröffnete in Vösendorf bei Wien das erste große Einkaufszentrum, das Shopping-Center Nord in Floridsdorf folgte. Unter einem Dach wurde in der SCS ein Komplettsortiment angeboten, an den Wochenenden gab es bei der Autobahnabfahrt Brunn/Gebirge einen Riesenstau. Ikea lockte dort mit Selbstbaumöbeln und einem Restaurant die Käufer. Durch die Shopping-Center und Einkaufszentren verloren die großen Wiener Einkaufstraßen zunehmend ihre Attraktivität, der U-Bahn Bau in der Mariahilfer Straße tat sein Übriges. Der Einsatz von Computern revolutionierte die Industrie und das Bankwesen. Die Dokumentation 50 Jahre Sparkassenautomation zeigt die tiefgreifenden Änderungen im Geldwesen durch die Computer-Technologie. Durch die Kapitalmarktliberalisierung und die explosionsartigen Ausweitung des Zahlungsverkehrs wurde Geldschöpfung durch die Banken möglich, die Folge waren ein rasches Anwachsen der Kredite und damit eine Ankurbelung der Wirtschaft.
Die Grünen kommen
Der Club of Rome zeigte 1972 die Grenzen des Wachstums auf und der Jom-Kippur-Krieg in Israel führte 1973 zu einem extremen Anstieg der Benzinpreise. Die Folgen in Österreich waren ein autofreier Tag und zusätzliche Schulferien. Kurz vor dem Einsatz des komplett einsatzbereiten Atomkraftwerks in Zwentendorf setzten Atomkraftgegner 1978 eine Volksabstimmung über die Inbetriebnahme durch. Das Ergebnis war ein knappes „Nein“, die erste Schlappe für Bundeskanzler Bruno Kreisky. In der Hainburger Au wurde ein geplantes Wasserkraftwerk durch eine Aubesetzung im Dezember 1984 verhindert. Stattdessen wurde der Nationalpark Donau-Auen errichtet. Das war die Geburtsstunde der Grünen, die 1986 in den Nationalrat einzogen.
Die Waldheim-Affäre und ihre Auswirkungen
Kurt Waldheim war ein österreichischer Diplomat und parteiloser Politiker. Er war von 1968 bis 1970 Österreichs Außenminister, von 1972 bis 1981 Generalsekretär der Vereinten Nationen und wurde als ÖVO-Kandidat für die Bundespräsidentenwahl 1986 nominiert. Im Zuge des Bundspräsidenten-Wahlkampfes wurden ihm Beteiligung an Kriegsverbrechen und das Wissen über solche aufgrund seiner Tätigkeit als Offizier und Freiwilliger der SA vorgeworfen. Nach seiner Wahl wurde er deswegen international isoliert. Die Affäre zeigte den tiefen Bruch zwichen dem konservativen Österreich und der linken Elite. Auf einmal wurde die Rolle Österreichs im NS-Regime thematisiert, der österreichische Bundeskanzler entschuldigte sich für die Kriegsverbrechen der Österreicher (waren die nicht damals Ostmärker ?) und die Restitution von Kunstwerken kam ins Rollen. In der offiziellen Geschichtsschreibung war auf einmal die Rede von der Mitschuld Österreichs am Krieg (obwohl es damals als Staat nicht existierte !) und der Eindruck erweckt, dass alle Österreicher beim Anschluss an Deutschland Nazis waren.
Im Süden erstrahlt ein Stern
In Kärnten ging der Stern des jungen FPÖ-Politikers Jörg Haider auf. Auf dem Parteittag 1986 stürzte er den liberalen Norbert Steger und wurde Parteiobmann. Daraufhin kündigte Bundeskanzler Franz Vranitzky die Koalition mit der FPÖ auf und rief Neuwahlen aus. In Kärnten wurde Jörg Haier erster FPÖ-Landeshauptmann. Er polarisierte mit ausländerfeindlichen Äusserungen, ein Lichtermeer am Heldenplatz war die Folge. Nach seiner Abwahl in Kärnten wurde er Klubobmann der FPÖ. Er etablierte die FPÖ als starke Kraft und konnte bei der Nationalratswahl 1999 die ÖVP knapp überholen und wurde Zweiter hinter der SPÖ.
Wiedergeburt der Großen Koalition
Der Aufstieg Jörg Haiders besiegelte das Ende der SPÖ/FPÖ-Koalition und nach den Wahlen 1986 kam es zu einer Neuauflage der Großen Koalition SPÖ/ÖVP. Es war keine Liebesheirat, doch das gemeinsame Ziel EU-Beitritt schweißte die beiden Großparteien zusammen. 1995 trat Österreich der EU bei und mit Wolfgang Schüssel gab es einen neuen ÖVP-Obmann und Vizekanzler. Die Übernahme der schwarzen CA durch die rote Bank Austria führte zum Zerwürfnis und zum Rücktritt Franz Vranitzkys. Ihm folgte Viktor Klima als roter Bundeskanzler.
Privatisierung und Börsen-Boom
Die Wiener Börse führte einen Dornröschenschlaf, Aktien in privater Hand waren eine Seltenheit und wenigen Reichen vorbehalten. Durch die Krise in der verstaatlichten Industrie gab es einen erhöhten Kapitalbedarf, den der Staat nicht alleine stemmen konnte. Damit kam eine große Privatisierungswelle ins Rollen. Der Bund verkaufte Anteile, weitere große Eigentümer folgten. Die Privatisierungen belebten die Wiener Börse und das Depotgeschäft der Banken. Neuemissionen waren vielfach überzeichnet und die Glücklichen konnten sich kurzfristig über hohe Kursgewinne freuen. Ein großes Hindernis für einen Börsengang waren hohe Pensionslasten für Betriebspensionen. Mit dem Pensionskassengesetz schuf der Staat die Möglichkeit, die Pensionsverpflichtungen günstig an Pensionskassen auszulagern. In der Boom-Phase war das auch ein gutes Geschäft für die Pensionskassen-Berechtigten. Das böse Erwachen kam dann mit den Finanzkrisen ab 2000.
Der Eiserne Vorhang fällt und Deutschland ist wieder vereint
Seit dem Ende des 2. Weltkriegs war Europa zweigeteilt. Der Westen hatte sich in der NATO unter Führung der USA zusammengeschlossen und der Osten unter Führung der Sowjetunion im ‚Warschauer Pakt. Neutral waren die Schweiz, Österreich, Schweden, Finnland (westlich orientiert) und Jugoslawien (nach Osten orientiert). Die Ostblockstaaten schützten ihre Grenzen mit einem Eisernen Vorhang, eine Flucht aus dem kommunistischen Paradies war mit hohen Risken verbunden, viele verloren dabei ihr Leben. Ab Mitte der 80er kam Leben in die erstarrten Fronten. In der Sowjetunion hatte mit Michail Gorbatschow ein Reformer die Macht übernommen. Er wollte das System reformieren, abrüsten und suchte die Annäherung an den Westen. Die neue Freiheit führte 1989 zu einer Reihe überwiegend friedlicher Revolutionen in Osteuropa, die den Kalten Krieg beendeten. Die Berliner Mauer fiel, der Eiserne Vorhang wurde niedergerissen, Menschenmassen stürmten den Westen und bestaunten das Konsumparadies. 1990 wurde die deutsche Wiedervereinigung Wiklichkeit und Gorbatschow erhielt den Friedensnobelpreis. Im Überschwang wurde es verabsäumt eine europäische Friedensordnung zu fixieren, das sollte sich später bitter rächen.
Die Sowjetunion zerfällt
In der Folge zerfiel die Sowjetunion in ihre Teilrepubliken, Russland war der Nachfolgestaat und erhielt alle Atomwaffen, die nicht vernichtet wurden. Die ethnischen Konflikte innerhalb der UdSSR wurden durch deren Zerfall nicht entschärft. Innerhalb der Republiken verblieben autonome Regionen, die schnell ebenfalls nach Unabhängigkeit strebten. Die Grenzziehungen waren Ergebnis der Nationalitätenpolitik der Sowjetunion und entsprachen oft nicht der ethnischen Realität bzw. den historischen Gegebenheiten. Die Suche der neuen Staaten nach einer eigenen Identität und Geschichte verschärfte den Nationalismus in Teilen der Bevölkerung. Zudem lebten viele ethnische Russen außerhalb der Russischen Föderation und wurden dort plötzlich zu einer Minderheit. Zahlreiche ehemalige Sowjetbürger wurden durch die Gesetzgebung zu Staatenlosen, da sie die neue Staatsbürgerschaft nicht erhalten konnten oder wollten. Kriege wie in Tschetschenien, waren die Folge. Viele Tschetschenen flüchteten nach Europa, davon 35.000 nach Österreich.
Jugoslawien-Kriege und Flüchtlingsströme
Jugoslawien war nach dem Zefall der Donaumonarchie als multiethnischer und multireligiöser Staat entstanden. Im 2. Weltkrieg brachen die Konflike zwischen den katholischen Kroaten und den orthodoxen Serben offen aus. Dem Partisanenführer Josip Tito gelang es nach dem 2. Weltkrieg als autokratischer Führer, mit einer föderalen Struktur Jugoslawien wieder zu einen. Nach seinem Tod 1980 bekam das System Risse und nach den Umwälzungen 1989 erklärte sich Slowenien selbständig, die serbisch dominierte Volksarmee konnte die Unabhängigkeit nicht verhindern. Als nächstes folgten die Unabhängigkeitserklärung Kroatiens und Bosniens. Hier lebten auch viele Serben und der serbische Präsident Slobodan Milosevic versuchte mit Hilfe der Volksarmee die serbisch bevölkerten Gebiete in ein Groß-Serbien zu integrieren. Die Folge waren blutige Bürgerkriege, die erst 1999 durch einen NATO-Einsatz beendet wurden. Folgende Staaten existieren heute auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens: Kroatien und Slowenien (beide NATO und EU), Serbien, Bosnien und Herzegowina (mit der autnomen Republika Srbska), Kosovo (abgetrennt von Serbien), Montenegro und Nordmazedonien. Die Bürgerkriege führten zu großen Flüchtlingsströmen, 100.000 Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien leben heute in Österreich, davon 85.000 aus Bosnien.
Öserreich wird Mitglied der EU
„Nie wieder Krieg“ war die Erfahrung aus der Katastrophe des 2. Weltkriegs. Die ewigen Kontrahenten Deutschland und Frankreich verständigten sich und gründeten gemeinsam mit Italien und den Beneluxländern die Montanunion. Aus dieser Zelle entstand die Europäische Untion. Die EU wurde schrittweise um Dänemark, Irland, Großbritannien, Griechenland, Portugal und Spanien erweitert und zählte 1990 12 Mitglieder. Österreichs wichtigste Handelspartner Deutschland und Italien waren Gründungsmitglieder, das brachte der österreichischen Wirtschaft Nachteile. Daher bemühte sich auch Österreich um eine Mitgliedschaft, 1989 wurde ein Beitrittsansuchen gestellt. 1991 stimmte die EU-Kommission einem Beitritt zu, 1994 dann auch das EU-Parlament. Bei einer Volksabstimmung 1994 stimmten 66,6 % für einen Beitritt, der Beitrittsvertrag wurde unterzeichnet, vom Parlament genehmigt und Österreich wurde am 1. Jänner 1995 gemeinsam mit den neutralen Staaten Finnland und Schweden EU-Mitglied. Die rot-schwarze Koalition hatte ihr großes Ziel erreicht und Österreich stand eine erfolgreiche Zukunft in einem vereinten und friedlichen Europa offen.
Leben von 1970 bis 1999 – Modernisierung, Ostöffnung und EU-Beitritt
- Alltag von 1970 bis 1999 – Städte und Dörfer wachsen,die Wohnqualität steigt, Dorf im Wandel, Supermärkte verdrängen Nahversorger, das klassische Gasthaus wird immer mehr zum Auslaufmodell, das Geld kommt aus dem Bankomat, ein Farbfernsehgerät und Telefonanschluss in jedem Haushalt, Gesundheit für alle.
- Bildung und Arbeit von 1970 bis 1999
Bildung für alle, die Arbeitswelt ändert sich grundlegend. - Freizeit von 1970 bis 1999
Mobilität verändert das Freizeitverhalten, Blütezeit des Austro-Pop, Wien wird Weltstadt, Fit – mach mit.
Österreichische Geschichte von 2000 bis heute
- Österreichische Geschichte von 2000 bis heute – der Dritte wird Bundeskanzler, ÖVP-Regierungen und SPÖ-Bundeskanzler – Koalitionen des Stillstands, der Stern des Südens erlischt, Finanzkrisen und Bankenpleiten, die EU-Osterweiterung und ihre Folgen, die unbewältigte Migrationskrise, Political Correctness und Genderwahn, die Klimaveränderung verändert auch das politische Klima, unabhängiger“ ORF und „freie“ Medien, die kurze Ära Kurz, Corona – Österreich steht still, Ukrainekonflikt – Krieg in Mitteleuropa, die EU von einer Friedensunion zum Kriegsvasallen der USA, es drohen Verarmung und soziale Unruhen, Frieden und Umbau der EU als Ausweg aus der Krise.