Österreich 1945 bis heute

Leben in der Nachkriegszeit

Von leeren zu vollen Regalen

In den Städten herrschte in der unmittelbaren Nachkriegszeit bittere Not, am Land war davon weniger zu spüren, Hamsterfahrten gehörten daher zum Alltag. Die Versorgungslage änderte sich rasch und spätestens mit dem Ende der Lebensmittelkarten im Jahr 1953 kehrte Normalität ein.  In den meisten Dörfern gab es einen kleinen Greisler für die Dinge des täglichen Lebens und einmal in der Woche kam der Bäcker und der Fleischhauer mit dem Pferdefuhrwerk und später mit dem Auto vorbei. In der Stadt kaufte man heimische Waren am Markt, im Lebensmittelgeschäft, beim Fleischhauer, beim Bäcker und bei der Milchfrau.

Essen zu Hause und im Gasthaus

In den meisten Familien war Kochen und die Erzieheung der Kinder eine Angelegenheit der Frauen, im bäuerlichen Umfeld neben der Arbeit am Hof. Wirtshäuser gab es in jedem Ort und in den Städten in fast jeder Straße. Zum Essen wurden österreichische Hausmannskost (Schnitzel, Schweinsbraten, Gulasch & Co.) und preiswerte Mittagsmenüs serviert. 

Substandard-Wohnungen werden weniger

Wohnraum war nach Kriegsende ein rares Gut und viele Wohnungen noch durch Bombenschäden zerstört. In den Städten gab es viele kleine Wohnungen ohne Bad und Zentralheizung, das WC war oft am Gang. Auch am Land war der Wohnraum seit jeher knapp bemessen. Da wie dort lebten oft mehrere Generationen unter einem Dach. Geheizt wurde mit Holzöfen und das meistens nur in der Wohnküche. Die Schlafräume waren kalt, das Bett wurde vor dem Schlafengehen mit einem erwärmten Ziegel oder einer Wärmeflasche vorgewärmt. Fließwasser war keine Selbstverständlichkeit. Bad und WC hatten die wenigsten. Durch den Bau von Wasserleitungen verbesserte sich die sanitäre Situation am Land. In den Städten wurden die Neubauten mit Bad und WC ausgestattet und die Substandard-Wohnungen langsam weniger.

Die Motorisierung kommt in die Gänge

Nach dem Krieg gab es kaum Autos, ins Nachbardorf und in die Schule ging man am Land zu Fuß und in die Bezirkstadt fuhr man mit den spärlich verkehrenden Bussen. Mit der Motorisierung ging es ab 1950 steil bergauf. So stieg der PKW-Bestand in Wien von ca. 20.000 im Jahr 1950 auf ca. 320.000 im Jahr 1970 (Quelle: wienwiki).  Dazu kamen noch Motorroller und Motorräder.

Der öffentliche Verkehr wird verbessert

Der öffentliche Verkehr wurde langsam ausgebaut. In Wien verkehrten die Stadtbahn (heute U4 und U6), die Schnellbahn, Straßenbahnen und Busse. Dampfloks wurden zunehmend durch Diesel- oder E-Loks ersetzt. Fahrkarten kaufte man am Schalter, in den Bahnhöfen oder  beim Schaffner.

Bargeld dominiert

Bis in die 70er wurden  Löhne und Gehälter bar ausbezahlt und die Stromrechnung bar einkassiert. Das Bankgeschäft beschränkte sich im wesentlichen auf die Hereinnahme von Spareinlagen und die Vergabe von Krediten, Aktien und Anleihen hatten die wenigsten. Die Wertpapiere wurden meistens zu Hause aufbewahrt, die Zinskupons ausgeschnitten und bei der Bank eingelöst. Der Aktienhandel wurde manuell an der Börse abgewickelt.

Vom Radiohören zum Farbfernsehen

Ein Radiogerät war für viele Haushalte in der unmittelbaren Nachkriegszeit das höchste der Gefühle. Zeitungen und Zeitschriften und Bücher wurden nur von den gebildeten Schichten gelesen. Bücher waren kostbar und Schulbücher wurden weitergegeben. In den meisten bäuerlichen Haushalten gab es höchstens einen Bauernkalender und einen medizinischen Ratgeber. Das Fernsehen nahm ab 1955 eine rasante Entwicklung und Verbreitung. Mit der ORF-Reform 1967 unter Gerd Bacher wurden Fernsehen und Radio auf eine völlig neue zeitgemässe Basis gestellt. Ab 1969 strahlte der ORF in Farbe aus.

Telefoniert wird am Postamt

Getroffen hat man sich am Land nach der Sonntagsmesse im Dorfgasthaus und in der Stadt im Beisl am Eck. Telefonieren war nach dem Krieg noch ein Minderheitenprogramm. Private Telefonanschlüsse hatten nur wenige und Telefonzellen gab es nur im Postamt. Die Anzahl der privaten Telefonanschlüsse stieg wegen der Engpässe im Leitungsnetz und der hohen Kosten nur langsam.

Gesundheitsvorsorge ist ein Fremdwort

Das Leben am Land war alles andere als gesund. Die Arbeit war hart, die Wohnverhältnisse schlecht, das Essen fettreich, die Hygiäne mangelhaft, der Alkoholismus weitverbreitet und Gesundheitsvorsorge ein Fremdwort. Sport wurde fast nur in den Städten betrieben und beschränkte sich im wesentlichen auf das Fußballspielen der Männer. Der praktische Arzt wurde bei Erkrankungen nicht immer frequentiert, weil die bäuerliche Bevölkerung bis in die 60er nicht krankenversichert war. In den Städten sah es nicht viel besser aus, Fachärzte gab es nur in den größeren Städten. Sie waren durch die schlechten Verkehrsverbindungen vom Land praktisch unerreichbar. In Notfällen  brachte die Rettung die Patienten ins nächst gelegene Krankenhaus.

Bildung ist ein Privileg

Grundausbildung nach dem Krieg war die 8-klassige Volksschule – im ländlichen Raum nach Verfügbarkeit von Klassenzimmern und Lehrern oft ein- oder zweistufig. Hauptschulen für  die 10- bis 14-Jährigen gab es nur in den Städten, Mittelschulen und berufsbildene höhere Schulen waren rar. Bus- oder Zugsverbindungen waren schlecht und der Schulweg oft mühsam. Am Land blieben die meisten in der Volksschule im Ort und arbeiteten dann in der Landwirtschaft, traten eine Lehre an oder verdingten sich als Hilfsarbeiter, Mädchen oft als Dienstboten in der Stadt. Nach der Hauptschule begannen die meisten eine Lehre. Die Begabtesten wechselten in eine berufsbildende Höhere Schule und fanden nach der Schule Arbeit in der Wirtschaft, bei einer Bank, Versicherung oder im öffentlichen Dienst. Studenten kamen fast durchgehend aus Akademikerhaushalten.

Von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft

Die ersten Jahre nach dem Krieg waren am Land noch weitgehend bäuerlich geprägt. Die kleinen Höfe wurden ohne Maschinen arbeitsintensiv bewirtschaftet. Durch den Wiederaufbau und das anspringende Wirtschaftswachstum wurden immer mehr Arbeitskräfte benötigt. Viele Dorfbewohner pendelten daher in die Stadt und betrieben die Landwirtschaft mit Hilfe von Maschinen nur mehr im Nebenerwerb.

Von der Sommerfrische zum Urlaub am Meer

Urlaub war ein Privileg des Mittelstands. Nach dem Krieg reiste man  mit der Bahn In die niederösterreichische oder steirische Sommerfrische und wurde vom Zimmervermieter mit dem Pferdefuhrwerk abgeholt. Mir der zunehmenden Motorisierung machten immer mehr Leute Wochenendausflüge, im Sommer zum Baden und im Winter zum Skifahren.  Der Urlaub wurde oft an den österreichischen Seen verbracht, der Wörthersee in Kärnten wurde zum beliebtesten Ferienziel. Mit dem Auto konnte man einfach Österreich kennen lernen oder nach Italien ans Meer fahren. 

Kultur hat immer Saison

Sofort nach Kriegsende wurde der Kulturbetrieb wieder aufgenommen. Die Salzburger Festspiele stareten bereits 1945 mit einem eingeschränkten Programm. Im Herbst 1945 nahm die Staatsoper im Theater an der Wien mit „Fidelio“  den Spielbetrieb wieder auf, 1955 wurde mit dem selbsten Stück die zerstörte Staatsoper wiedereröffnet. Das Kabarett erlebte mit Qualtinger, Bronner & Co. Sternstunden. Jüdische Künstler wie Karl Farkas und Hermann Leopoldi kehrten aus dem Exil nach Wien zurück. Wie der Urlaub war auch der Kulturkonsoum ein Privileg des Mittelstands.

Veranstaltungszentrum für Großveranstaltungen

Als erstes großes universelles Veranstaltungszentrum wurde 1957 die Wiener Stadthalle eröffnet. Dort gastierten die Eisrevue, Pop-Stars und der Russische Staatszirkus, boxte Hansi Orsolic um den Box-Weltmeistertitel und wurde das Musical „Hair“ aufgeführt.

Kinoboom und Kinosterben

Nach dem Krieg hatte das Kino seine beste Zeit. Heimatschnulzen, die Sissi-Trilogie und Kriegsfime füllten die Kassen. Die Verbreitung des Fernsehens führte zu immer mehr Kinoschliessungen. Das Forum Kino in Wien mit einem Saal über 1.000 Sitzplätzen wurde 1950 in Betrieb genommen und mutierte nach nur 24 Jahren Spielbetrieb zum Rechenzentrum der Gemeinde Wien.

In der Gesellschaft hat jeder seinen fixen Platz

Gesellschaftlich hat sich seit dem Ende der Monarchie wenig geändert. Für Veränderung war wenig Platz. Bildung wurde vererbt und der Platz der Frau war am häuslichen Herd . Zum Unterschied vom Ständestaat nahmen die Arbeiter wieder am politischen Leben teil. Die Folge war die große Koalition zwischen der ÖVP (Bauern, Beamte und Gewerbe) und der SPÖ (Arbeiter). Die Macht der katholischen Kirche war ungebrochen und stabilisierte die konservative Grundausrichtung. Erst mit der Alleinregierung der ÖVP ab 1966 kam Bewegung in die Politik und die Gegensätze der beiden Lager wurden wieder sichtbar. Städte und das bäuerlich geprägte Land trenten nach wie vor Welten.

Hits von 1945 bis 1969

Mein Leben in der Nachkriegszeit

  • Mein Leben  von 1946 bis 1969 – Nachkriegszeit und Kindheit im Dorf, mit dem Bus nach Krems in die Schule, das Fernsehen kommt ins Dorf, Freizeit am Land und in der Stadt, Matura an der HAK Krems, Bundesheer, Übersiedlung nach St. Pölten, Arbeit in der Sparkasse St. Pölten.

Chronik 1945 bis 1969

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Zeitreise

  • 1945 bis heute – Chronik Welt, Europa und Österreich; so hat sich das Leben in Österreich seit Kriegsende verändert; Biograhie des Autors von 1946 bis heute