Nachkriegselend
Der Krieg war zu Ende, aber in Österreich herrschte Not und Elend. Die Wohnungssituation in den Städten war durch die Bombenruinen verheerend und wurde durch Flüchtlinge aus den deutschsprachigen Regionen der Tschechoslowakei noch verschärft. Die Menschen litten Hunger, der Schwarzmarkt blühte und wer die Möglichkeit hatte, zog kurzfristig zu Verwandten aufs Land. Am schlimmsten waren die Kinder dran. Viele waren Halbwaisen, bei anderen war der Vater noch in Kriegsgefangenschaft. Zur Linderung der Not organisierten Hilfsorganisationen Kinderverschickungen ins westliche Ausland. Heimkehrer von der Front und Stadtbewohner waren vielfach vom Kriegsgeschehen und den Bombenangriffen traumatisiert. Die Situation am Land war besser, die Landwirtschaft funktionierte und es gab ausreichend zu essen.
Besatzungszeit
Österreich wurde im Laufe der letzten Kampfhandlungen ab Ende März 1945 von den vier Alliierten – Franzosen, US-Amerikanern, Briten und Sowjets – besetzt. Die mit der Befreiung verbundene Freude verwandelte sich aber nach einsetzenden Plünderungen und Vergewaltigungen rasch in das Gegenteil. Die Zonengrenzen, die quer durch Österreich gingen, wurden teilweise streng kontrolliert und konnten nur mit gültigen Identitätsausweisen passiert werden. Die Besatzungssoldaten waren auch im täglichen Leben präsent, ihnen ging es zum Unterschied von der österreichischen Bevölkerung gut, in den amerikanischen Bars wurde der westliche Lebensstil gepflegt und die Prostitution blühte. Besatzungskinder, vor allem dunkelhäutige, hatten kein leichtes Leben. In dem von den Sowjets besetzten Osten kam es in der ersten Zeit nach dem Krieg zu Übergriffen und Verschleppungen in den Gulag. Der bekannteste Fall betraf Dr. Margarethe Ottilinger, die erst 1955 schwerkrank aus der Haft entlassen wurde.
Sozialpartnerschaft und Proporz
Die Zwischenkriegszeit war von den Gegensätzen zwischen den Konservativen, den Sozialisten und den aufstrebenden Nationalsozialisten geprägt. Im autoritären, konservativen Ständestaat wurden alle Parteien ausser der Einheitspartei „Vaterländische Front“ verboten und Österreich wurde ein leichtes Opfer für Hitler. In den Konzentrationslagern fanden die Konservativen und die Sozialisten zusammen und bauten nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus gemeinsam streng paritätisch die Zweite Republik auf. Einvernehmlich wurden die Positionen in der Politik, der Verwaltung und in der Verstaatlicheten Industrie geteilt. Als besonderes Spezifikum kam es zu einer Sozialpartnerschaft zwischen den Interessensvertretern der Wirtschaft und der Arbeitnehmer. Dort werden bis heute die Kollektivverträge und die Lohnerhöhungen gemeinsam fixiert. Streiks waren eine Seltenheit, ein von den Kommunisten und der rechten VdU ausgerufener Generalstreik im Jahr 1950 scheiterte.
Wiederaufbau und Marshallplan
Die Sozialpartnerschaft und der Einsatz der Bevölkerung waren wichtige Voraussetzungen für den raschen Wiederaufbau Österreichs. Es fehlte jedoch das nötige Kapital und viele Waren, Rohstoffe und Lebensmittel. Diese stellten von 1948 bis 1952 die USA im Rahmen des Marshallplans durch Kredite bereit. Durch den Einsatz der Politik wurde der Plan auch im russisch besetzten Teil wirksam – eine wichtige Voraussetzung für die gemeinsame wirtschaftliche Entwicklung Österreichs.
Die österreichische Identität
Österreich war 1938 auch durch das fehlende Bekenntnis zum „Staat, den keiner wollte“, gescheitert. Der verlorene Krieg und die Rolle als „Ostmark“ brachte ein Umdenken. Zur Identifikation wurde die Hymne der Zwischenkriegszeit durch eine Freimaurerhymne mit dem Text „Land der Berge“ abgelöst. Aus meiner Sicht wäre ein neuer Text zur alten Haydn-Hymne besser gewesen, nur war diese bereits seit 1922 (mit einem anderen Text) deutsche Bundeshymne. Die neue Identität wurde durch die Medien untermauert, die USA finanzierten die Zeitung „Neues Österreich“ und den Radiosender „Rot-weiß-rot“, der mehr gehört wurde als der Österreichische Rundfunk. Einen großen Anteil hatten auch die sportlichen Erfolge in der Nachkriegszeit. Die größten waren die 3 Olympiasiege von Toni Sailer bei der Winterolympiade 1956 in Cortina und der 3. Platz bei der Fußball-WM in der Schweiz, die 6:1 Niederlage im Halbfinale gerade gegen den späteren Weltmeister Deutschland trübte leider die Freude.
Der Staatsvertrag – Österreich ist frei !
Österreich wurde als erstes Opfer des Nationalsozialismus anerkannt, aber trotzdem von den Siegermächten besetzt und kontrolliert. Nach langen Bemühungen gelang in Verhandlungen mit der Sowjetunion Einigkeit über einen Staatsvertrag, der Östereich wieder die volle Souveränität gewährte. Als Gegenleistung verpflichtete sich Österreich zur immerwährenden Neutralität. Der Staatsvertrag wurde am 15. Mai im Oberen Belvedere von den Aussenministern der Siegermächte und dem österreichischen Aussenminster Dr. Figl unterzeichtet. Hundertausende feierten im gesteckt vollen Belvederegarten die Wiederauferstehung Österreichs als souveränder Staat und am 26. Oktober 1956 verließ der letzte fremde Soldat österreichischen Boden.
Ungarnaufstand und Prager Frühling
Jenseits der Ostgrenze hatten die Kommunisten, unterstützt von der sowjeitschen Besatzungsmacht, die Herrschaft übernommen. Anders als im Westen kam die sozialistische Planwirtschaft nicht in Schwung. Es herrschte nach wie vor Mangelwirtschaft und das totalitäre System unterdrückte alle Versuche einer Veränderung. Das führte zu Aufständen in den Ostblockstaaten DDR (1953), Ungarn (1956) und Tschechoslowakei (1968). In allen Fällen wurde der Widerstand von den Sowjettruppen blutig unterdrückt. Der Ungarnaufstand nur 1 Jahr nach dem österreichischen Staatsvertrag führte zu einer starken Fluchtbewegung nach Österreich und einer großen Welle der Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. So wie in Ungarn scheiterte auch der „Prager Frühling“ beim Versuch eines „Kommunismus mit menschlichem Antlitz“. Die Folge waren in beiden Fällen Repressionen und das weitere Erstarren des Systems, das mehr als 20 Jahre später zum Zusammenbruch des Ostblocks führte.
Modernisiserung der Landwirtschaft
Bis zum Kriegsende gab es nur in den großen landwirtschaftlichen Gütern Ansätze einer maschinellen Landwirtschaft. Bei den vielen kleineren Betrieben gab es durch den Ausbau der Elektriztiät ab der Zwischenkriegszeit Verbesserungen durch Dreschmashinen und andere elektrische Geräte. Der große Umbruch erfolgte erst nach dem Krieg durch die einsetzende Motorisierung. Traktoren und Mähdrescher ersetzten zunehmend die menschliche Arbeitskraft. Die frei werdenden Arbeitskräfte wanderten in die Städte ab, wo sie im wirtschaftlichen Aufschwung dringend benötigt wurden. Viele Kleinbauern suchten sich einen passenden Nebenerwerb oder gaben den Betrieb überhaupt auf. Durch den Strukturwandel erhöhte sich die Prouktivität von 1950 bis 1980 um mehr das Sechsfache, 1950 ernährte 1 Bauer 4 Menschen, 1980 27 Menschen (Quelle Landwirtschaftskammer NÖ ).
Wirtschaftswunder
Langsam kam die Wirtschaft im Schwung. Die große Nachfrage nach Wohnungen führte zu einem Bauboom. Eine großzügige Wohnbauförderung machte die Wohnungen auch leistbar. Bis 1950 wurden Leitbetriebe wie VÖEST, AMAG und Steyr-Puch verstaatlicht und mit Hilfe von Steuergeldern und Marshallplan wieder aufgebaut. Die Arbeitslosenquote wurde auf unter 3 Prozent gedrückt. Dabei halfen auch Infrastrukturprojekte, wie der Aufbau des Speicherkraftwerks Kaprun und der Ausbau der Westautobahn. Das von Ingenieuren der VÖEST erfundene Linz-Donawitz-Verfahren revolutionierte weltweit die Stahlproduktion. Bei Steyr-Puch wurden neue Geländefahrzeuge konstruiert, die auch im Ausland reissenden Absatz fanden. Im Westen führte der Bau von Seilbahnen und Liftanlagen zu einem Boom des Wintertourismus, österreichische Skimarken wie Kneissl und Fischer wurden Weltmarktführer. Durch den Fremdenverkehr mutierten arme Bergbauerndörfer zu Tourismuszentren, Österreich war ein beliebtes Urlaubsland vor allem für die Deutschen geworden.
Die Gesellschaft wird mobil
Die aufkommende Motorisierung veränderte die Gesellschaft, die Wirtschaft und das Freizeitverhalten. Arbeiten in der Stadt und Wohnen auf dem Land war möglich geworden, Motorräder und zunehmend Autos machten einen Wochendausflug, einen Schiurlaub oder einen Meeraufenthalt einfach möglich. Die Straßen wurden ausgebaut, die ersten Autobahnen beschleunigten das Autofahren und die Städte erstickten zunehmend im Verkehr.
1945 bis 1969 – Wiederaufbau und Wirtschaftswunder
- Alltag von 1945 bis 1969
von der Hungernot zu vollen Schüsseln, die Wohungsnot wurde gelindert, die Motorisierung kam in die Gänge, Bahn-und Bus-Verbindungen wurden verbessert, bezahlt wurde mit Schilling-Banknoten und Münzen, vom Radiohören zum Farbfernsehen, telefoniert wurde am Postamt, Gesundheitsvorsorge ist ein Fremdwort. - Bildung und Arbeit von 1945 bis 1969
Bildung ist ein Privileg, von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft. - Freizeit von 1945 bis 1969
von der Sommerfrische zum Urlaub am Meer, Kultur hat immer Saison, erstes großes Veranststaltungszentrum, Kinoboom und Kinosterben.
Österreichische Geschichte von 1970 bis 1999
- Österreichische Geschichte von 1970 bis 1999 – die Ära Kreisky, ein neues Lebensgefühl, Modernisierung des Wirtschaftslebens, die Grünen kommen, die Waldheim-Affäre und ihre Auswirkungen, im Süden erstrahlt ein Stern, Wiedergeburt der Großen Koalition, Privatisierung und Börsen-Boom, der Eiserne Vorhang fällt und Deutschland ist wieder vereint, die Sowjektunion zerfällt, Jugoslawien-Kriege und Flüchtlingsströme, Österreich wird Mitglied der EU.