50 Jahre IT

Franz Angelo Gruber

Filialmitarbeiter Sparkasse in der Stadt St. Pölten, Programmierer Buchungssystem SUSY, Projektleiter Darlehen, Teamleiter Programmierung bei der Adaptierung des Girosystems für die Girozentrale (GIBSY), Teamleiter Buchungssystem, Referatsleiter Basisautomation, Projektleiter SPAR-Realtime, Abteilungsleiter Erneuerung Grundgeschäft und Anwendungsplanung, Projektleiter Umstellung Anwendungen der Salzburger Sparkassen, Projektleiter EURO-Bargeldumstellung für Sparkassen und Erste Bank.

Sparkasse in der Stadt St. Pölten: 1966 bis 1969

Die Laufbahn als Sparkassen-Mitarbeiter war einer Beamten-Laufbahn nicht unähnlich und hatte in der Öffentlichkeit ein gutes Standig. Es gab eine strenge Hierarchie mit einem Direktor und darunter die Abteilungen und Zweigstellen. Wer Matura hatte, wurde im Kundenverkehr eingesetzt und konnte nach Ablegen von Sparkassen-Prüfungen im Gehaltsschema und in der Position aufsteigen. In der Buchhaltung waren ausschließlich Handelsschülerinnen beschäftigt.

Die Giro-Abteilung war im großen Kassensaal der Sparkasse mit Blick auf den St. Pöltner Dom untergebracht. Auf der Stirnseite befand sich die Hauptkasse und seitlich die Spar-, Kredit und Giro-Abteilungen. Die Überweisungsbelege wurden am Schalter entgegen genommen, bestätigt und danach am Giro-Schalter nach den Zahlungsverkehrswegen sortiert. Aus den so vorsortieren Belegen wurden dann in der Buchhaltung Sammelbelege erstellt und gemeinsam mit den Belegen an die Korrespondenzbanken (Girozentrale und Banken vor Ort) geschickt. In großen Kontentrögen waren die Kontoblätter untergebracht. Abbuchungen und Überweisungen wurden disponiert und für die tägliche Buchung dazusortiert. Nach dem Buchungsschnitt zu Mittag wurden die Konten anhand der Belege in der Buchhaltung auf Buchungsmaschinen gebucht, die Zinsnummern errechnet und die Kontoauszüge erstellt. 1968 wurden die alten Buchungsmaschinen durch Magnetkonten-Computer abgelöst. Damit wurde Arbeit der Buchhalterinnen vereinfacht, am Arbeitsablauf änderte sich aber nichts.

Nach 1 ½ Jahren in der Giro-Abteilung war ich reif für die Arbeit in einer Filiale. Der Zweigstellen-Leiter wohnte in Kirchberg an der Pielach und ich konnte als Pendler die Versorgung der Filiale übernehmen. Ich holte in der Früh die Filialpost von der Hauptanstalt in St. Pölten ab und brachte am Abend die Post für die Hauptanstalt nach St. Pölten. Die Filiale in Kirchberg war im alten Gemeindeamt untergebracht, der Schalter ein besseres Guckloch und als Heizung diente ein riesiger Kanonenofen. Dieses Idyll wurde 1968 durch die Übersiedlung in ein völlig neues Zweigstellengebäude beendet. In der Filialen wurde alle Bankgeschäfte abgewickelt Daher war die Arbeit vielfältiger als in der Giro-Abteilung und die Kundenkontakte persönlicher. Spitzenbelastungen gab es wegen der wöchentlichen Lohnzahlungen um das Wochenende.  Am Donnerstag schickten uns die Firmen ihre Bargeld-Anforderungen, wir leiteten die Anforderung an die Hauptkasse weiter und ich holte das Geld in der Früh in St. Pölten ab. Am Montag wurde ein Teil der Löhne auf Sparbücher eingezahlt und ich fuhr mit dem überschüssigen Geld wieder heim nach St. Pölten. Nach einem guten Jahr wurde ich von Kirchberg nach Wilhelmsburg versetzt. An der Tätigkeit änderte sich, sehr wohl aber an der Kundenstruktur. Kirchberg war damals noch sehr bäuerlich geprägt, Wilhelmsburg hingegen schon industriell.

Meine Arbeit in der Sparkasse St. Pölten habe ich immer als Übergangslösung für meinen Berufswunsch Programmierer gesehen. Die Arbeit in den Zweigstellen machte mir Spaß, das Betriebsklima war bestens und durch die Diäten stimmte auch der Verdienst. Deshalb hatte ich nach einigen missglückten Versuchen meinen Berufswusch Programmierer schon abgeschrieben. Doch dann war plötzlich alles anders. Meine Zeit in den Filialen neigte sich dem Ende zu und die damals neu gegründete EDV-Tochter der Sparkassen (SPARDAT) suchte dringend Sparkassen-Mitarbeiter für die Beratung. Ich bewarb mich, wurde zu einem Test eingeladen und vom Geschäftsführer Peter Hoffmann  als Programmierer angestellt. Rückblickend war die Sparkassen-Praxis in meiner 33-jährigen Laufbahn als Anwendungsentwickler in der SPARDAT sehr hilfreich und ich möchte diesen Umweg in meiner beruflichen Karriere nicht missen.

SPARDAT: In Linz beginnts

Fundierte Programmier-Ausbildung gab es keine und nach Schnellsiederkursen in einer maschinennahen (Bull-Basisautocode) und in einer höheren Programmiersprache (COBOL) ging es zur Sache. Programmieren war in den 70-ern ein mühsamer Prozess. Das Programm wurde auf Codierblätter geschrieben, dann wurden die Lochkarten von der Locherin erstellt und vom Programmierer in das Rechenzentrum geschickt. Zurück kam eine Liste und mit Glück die Bestätigung, dass das Programm lauffähig ist. Danach wurde mit Testfällen die Funktionstüchtigkeit verifiziert. War diese gegeben, ging es ab in den Echtbetrieb. Die wirklichen Probleme stellten sich leider oft erst in der Praxis heraus. Rückblickend ist es für mich ein Wunder, dass es trotzdem immer irgendwie funktioniert hat

Wegen der bevorstehenden Eröffnung des Rechenzentrums in den Räumen der Allgemeinen Sparkasse in Linz war das bunt zusammengewürfelte fünfköpfige Projektteam (mit dabei:  Herbert Suntych, Sepp Hutter und Heinrich Hinterberger) total im Stress. Für einen Anfänger war da kein Platz und so durfte ich als Beschäftigungs-Therapie den Giroabschluss in der  maschinennahen Sprache Bull-Basisautocode schreiben – eingesetzt wurde das Programm nie! Den ersten Computer sah ich im ORF-Rechenzentrum – es war der Wahlcomputer, der mich schon immer fasziniert hatte. Ich sollte dort ein Programm testen und hatte davon natürlich keine Ahnung. Ich erkundete die Maschine bis der ORF-Operator meinem Treiben ein jähes Ende setzte – das war mein letzter ORF-Auftritt. Endlich durfte ich auch nach Linz. Wegen des bevorstehenden Einsatzes war ich dort als „Mädchen für alles“ gefragt. Einer alten Dame, die wegen der lauten Klimaanlage nicht schlafen konnte, überreichte ich Blumen und für das leibliche Wohl der gestressten Programmierer holte ich Grillhendl und Bier vom gegenüberliegenden Wienerwald. So habe ich meinen Beitrag zur Umstellung der Allgemeinen Sparkasse auf das SPARDAT-Buchungssystem geleistet.

SUSY – Supersystem für die Sparkassen

Drei Monate nach der Umstellung der Allgemeinen Sparkasse Linz wurden die Entwicklungen der Girozentrale und Bausparkasse mit der SPARDAT zusammengelegt. Mit vereinten Kräften wurde die Umstellung der Sparkassen auf das neue Buchungssystem forciert. Dazu war auch die Ablöse der Bull-GE durch die IBM-Serie 360 notwendig. Für das Umschreiben auf das neue System gab es ein enges Zeitfenster von 9 Monaten und zur Motivation ein Prämiensystem. Für das Unterschreiten der Zeit gab es mehr Geld und beim Überschreiten ging die Prämie gegen null. Vom Linzer Team waren außer mir nur zwei übrig (Heinrich Hinterberger und der Chefprogrammierer Bruno Schwarzinger), daher wurde das Team mit drei erfahrenen Neuzugängen (Ing. Franz Redl, Rudi Zabusch und Gerhard Fessl) und Dolores Fitzthum als Locherin verstärkt. Einen Franz gab es also schon und so werde ich seit dieser Zeit ANGELO gerufen. Nach dem Spiel in den ersten 6 Monaten wurde es  jetzt ernst. Ich musste die Spar- und Dauerauftragsprogramme auf das IBM-System umschreiben. In den ersten Monaten haben wir die Programme in Wien einsatzbereit gemacht. Danach ging es zum Testen nach Linz, wo mittlerweile eine IBM-360 zur Verfügung stand. Dort wurde das System mit einer geringfügigen Verzögerung abgenommen. Im Laufe des Jahres 1971 wurden die Programme  in Linz und in den neu errichteten Rechenzentren Graz und Innsbruck eingesetzt.

Im Praxisbetrieb machte sich dann der Zeitdruck leider negativ bemerkbar. Der erste Jahresabschluss im Jahr 1971 schrammte knapp am Desaster vorbei. Mit einem neuen Teamleiter wurde eine Taskforce ins Leben gerufen und ich durfte einen Teil der Programme neu schreiben, darunter das Spar-Buchungsprogramm, das ich dann bis zur Ablöse durch ein ONLINE-System betreute – das Programm „Sparbuch“ hatte im Endausbau um die 10.000 Zeilen und war 20 Jahre im Einsatz. Getestet wurden die neuen Programme im Closed-Shop-Betrieb in Wien und in einem der Rechenzentren zwischen 0:00 und  10.00 Uhr. So lernte ich nach Linz auch Graz und Innsbruck kennen. Ich sehe noch heute die Neider, wie ich im Frühling sonnengebräunt aus Innsbruck zurückkam – geschlafen hatte ich untertags bei der Mittelstation der Hafelekar-Bahn. Durch die diversen Verbesserungsmaßnahmen stabilisierte sich der Betrieb und die  Änderungen des Zinsniveaus im Jahr 1974 konnten problemlos abgwickelt werden. Dabei wurden die Zinsen für praktisch alle Sparbücher geändert. Mit einem einfachen Programm ermöglichte ich es den Beratern, die Zinssätze zu ändern und ich konnte entspannt meine Hochzeitsreise antreten.

DORIS -Darlehenssystem komplettiert das Buchungssystem

Als letzte Geschäftssparte wurden die Hypothekardarlehen noch manuell abgewickelt. Als Projektleiter sollte ich mit einem kleinen Team diese Lücke schließen. Bisher hatte ich definierte Aufgabenstellungen programmiert und jetzt war es meine Aufgabe, die Vorgaben für die Programmierung zu erarbeiten. Im Rechenzentrum der Kärntner Sparkasse war bereits ein Darlehensprogramm im Einsatz. Im ersten Schritt leiteten wir die Eingaben der Allgemeinen Sparkasse in Linz nach Klagenfurt zur Verarbeitung weiter. So nahmen wir den Zeitdruck heraus und konnten vom Know-how der Kärntner Sparkasse partizipieren. Die Programmierung erfolgte in einem kleinen Team (Johannes DOLO Dolleschal und Reinhold Mayer) und die Abschlusstests fanden wieder einmal in Linz statt. Ewig in Erinnerung ist mir die Inbetriebnahme für die Allgemeine Sparkasse in Linz. Dazu wurden neue Tilgungspläne in 2-facher Ausfertigung erstellt. Das brachte die Maschine an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Irgendwie haben wir dann auch diese Klippe umschifft und das System konnte in Betrieb gehen. Die Darlehensprogramme waren dann über 20 Jahre für alle Sparkassen der Buchungsgemeinschaft im Einsatz.

GIBSY – Girobuchungssystem für die Girozentrale

Nach der erfolgreichen Inbetriebnahme des Darlehenssystems stand die Änderung der Giro-Programme für die Umstellung der Girozentrale (damals zweitgrößte Bank Österreichs und 100 % – Eigentümer der SPARDAT) und der Buchungsgemeinschaft der Vorarlberger Sparkassen an. Als Teamleiter war ich für die erste große Änderung des Giro-Systems zuständig. Es war notwendig, ein zusätzliches Kontonummernsystem zu implementieren und die Modalitäten der Girozentrale abzudecken. Die Aufgabenstellung kam vom Umstellungs-Projektleiter Johannes Größing und für die Umsetzung war ich als Teamleiter verantwortlich. Wieder einmal war der Zeitdruck enorm und allein aus Prestigegründen durfte bei der Umstellung nichts schief gehen. Das Ganze ging an die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit, aber irgendwie haben wir es dann doch geschafft. Damit war aber nur die erste Hürde genommen, denn das geänderte System musste auch für die Sparkassen eingesetzt werden. Das brachte wieder einmal die Maschinen an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Nach einer Terminverschiebung und einigen Tuning-Maßnahmen wurden die Programme dann in den anderen Rechenzentren zum Einsatz gebracht.

Das Buchungssystem im laufenden Betrieb

Ab 1977 war ich gemeinsam mit 2 Kollegen (Johannes Dolo Dolleschal und Heinz Dürr) für die Betreuung des gesamten Buchungssystems (Giro, Spar und Darlehen) verantwortlich. Das Wichtigste war neben kleinen Verbesserungen die Sicherstellung des laufenden Betriebs. Mittlerweile buchten fast alle Sparkassen bei der SPARDAT und Programmabstürze im Tagesgeschäft verhinderten die zeitgerechte Auslieferung der Buchungsunterlagen. Es kam öfters vor, dass ich während der Nacht mittels Ferndiagnose die Programme wieder zum Laufen brachte. Wenn ich heute zurückdenke, wundere ich mich noch immer, dass es letztendlich doch immer wieder funktioniert hat und ein wirkliches Desaster ausgeblieben ist. Ein besonderer Höhepunkt war jedes Jahr der Jahresabschluss. Zu  Silvester und Neujahr war Bereitschaft angesagt und bei Problemen der Aufenthalt im Rechenzentrum und Probleme gab es fast jedes Jahr. 

CAROLINE – das Buchungssystem geht online

Für die Abwicklung des Kassengeschäftes gab es unterschiedliche organisatorische Lösungen. Die Vereinheitlichung und Automatisierung des Kassengeschäftes erfolgte mit dem Terminalsystem PTS-6000. Damit wurden die Umsätze automatisch aufgezeichnet und mit Datenfernübertragung (DFÜ) an das Rechenzentrum übermittelt. Die Sparkassen ersparten sich so die Lochstreifen-Erfassung und die Rechenzentren das umständliche Lochstreifen-Handling.

Das Mitte der 70-er Jahre gestartete Projekt CAROLINE mit dem Projektleiter Peter Hoffmann und den Keyplayern Ing. Franz Redl, Herbert Suntych, Michael Reisenauer und Hans Führer war seiner Zeit weit voraus. Es war als Client/Server-System konzipiert – diese Bezeichnung kam allerdings erst gute 10 Jahre später auf. Die IBM war natürlich mit diesem Ansatz nicht glücklich, weil damit ihre Hegemonie gebrochen wurde. Gegen viele Widerstände ging das System Ende der 70-er mit der Anbindung des Kassensystems PTS-6000 an das SPARDAT-Rechenzentrum in Betrieb.  Damit konnten die Kontostände online abgefragt werden und eine Datenfernübertragung der Kassen-Umsätze war nicht mehr notwendig.

Für die Weiterentwicklung der CAROLINE-Anwendungen war ich ab 1980 als Referatsleiter Basisautomation verantwortlich. Für die neuen BARBARA- Bildschirm-Terminals wurden  komplexere Anwendungen wie Privat-Kleinkredit, Dialogänderungsdienst, Individualabfragen und Kontoschliessungen entwickelt. Der Einsatz von Kontoauszugdruckern in den Sparkassen-Filialen ersparte im Privatkundengeschäft den Druck und Versand der Kontoauszüge. Damit und mit den Geldausgabeautomaten war die EDV endlich bei den Sparkassenkunden angekommen.

Bargeld aus dem Automaten

Die ersten Geldausgabeautomaten wurden Anfang der 80-er  von der GABE, einer gemeinsame Gesellschaft der österreichischen Kreditinstitute, entwickelt. Zum Unterschied von deutschen Vorbildern waren Behebungen österreichweit mit einer Bankomatkarte unabhängig von den Banköffnungszeiten möglich. Die Outdoor-Automaten funktionierten offline und die Transaktionen wurden als Datenträger an die einzelnen Rechenzentren übermittelt.  Als nächster Entwicklungsschritt folgten Indoor-Automaten in den Foyers der Kreditinstitute und weltweite Auslandsbehebungen. Anfang 2000 habe ich so mit meiner Bankomatkarte bei einem Bankomaten an der Magellan-Straße chilenische Pesos behoben.

Die Kärntner Sparkasse kommt zur Buchungsgemeinschaft

Durch Kooperationen war das System der Kärntner Sparkasse dem SPARDAT-System ziemlich ähnlich.  Anfang der 80-er Jahre fiel die Entscheidung für den Beitritt zur Buchungsgemeinschaft. Wie schon bei der Integration der Girozentrale, waren zahlreiche Adaptierungen im Buchungssystem und im Zahlungsverkehr notwendig. Die beiden Systeme wurden besser verzahnt und bestehende Schwächen in der Abwicklung ausgemerzt. Dazu war es notwendig, wesentliche Teile wie das Giro-Buchungsprogramm auf neue Beine zu stellen. Das Projektteam Giro-neu bestand aus Gerhard Wiesauer, Toni Widmayer, Anton Warschenegger und Alfred Bazalka.

Als Referatsleiter Basisautomation war ich für die Umstellung des Buchungssystems und die Überleitungsprogramme verantwortlich. Wie schon bei der Umstellung der Girozentrale gab es beim darauffolgenden Einsatz der neuen Programme für die mittlerweile vollzähligen anderen Sparkassen gravierende Probleme. Wieder einmal kamen Mitarbeiter und Maschinen an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. 

Spar-neu als Realtime-System

Die Probleme beim Einsatz führten zu einer Neuausrichtung der Entwicklung. Man setzte auf  strikte Projektorganisation, den Einsatz des Datenbank-Systems ADABAS und damit verbunden auf ein Realtime-System. Nach 10 Jahren Gesamtverantwortung für das Buchungssystem konnte ich mich mit meinem Projektteam (Alfred Bazalka, DIng Jirina Rada, Thomas Schlager, Toni Widmayer, Hans Sagmüller und Sonja Kainz)  der Neuentwicklung des Sparverkehrs widmen. Dabei gingen wir nach dem Lehrbuch  für eine erfolgreiche Projektabwicklung vor. Wir erarbeiteten im ersten Jahr in einem Kompetenzzentrum gemeinsam mit eingebundenen Sparkassen die detaillierte Aufgabenstellung. Danach ging es an die Umsetzung. Die einzelnen Spar-Produkte wurden je Sparkasse in einer Produkt-Datenbank abgebildet  (individuelle Produktgestaltung) und die einzelnen Transaktionen in einer Transaktions-Datenbank (Rohdatenspeicherung) gespeichert. Die Auswertungen wurden in einer Datenbank gespeichert und konnten so am Bildschirm bearbeitet werden (Listbearbeitung über Bildschirm). Die Umsetzung erfolgte in den Programmiersprachen NATURAL und COBOL.

Eng wurde es wieder einmal beim Einsatz. Der breite Einsatz des Datenbanksystems führte zu einer Umstellung des Betriebssystems auf MVS und zur Konzentration auf ein zentrales Rechenzentrum in Wien. Für den Pilotbetrieb mit der Sparkasse Baden im Jahr 1988 gab es eine  Übergangslösung. Die Umstellung der restlichen Sparkassen erfolgte dann nach dem Fahrplan der RZ-Konzentration. So konnte das Projekt erst mit der Umstellung des Vorarlberger Rechenzentrums im Jahr 1991 abgeschlossen werden. 

Das System war danach im gesamten Sparkassensektor für ca. 5 Mio. Konten im Einsatz – neben der Buchungsgemeinschaft auch kurze Zeit für die Bank Austria bis zu deren Komplettumstellung auf das Unicredit-System und für die Erste Bank nach deren Integration in das SPARAT-Buchungssystem. Abgelöst wurde es mit der Integration in das neue Giro-Realtime-Sytem im Jahr 2005.    

PC-Arbeitsplätze für alle Sparkassen-Mitarbeiter

Als Nachfolger für das Kassen-Terminal PTS-6000 und die Zwischenlösung BARBARA (Bildschirmarbeitsplatz) wurde ein Unversalarbeitsplatz für alle Sparkassen-Mitarbeiter gesucht. Im letzten Moment fiel im Projekt CATS (Projektleiter Walter Domandl) die Entscheidung für Standard-PC´s  mit dem Betriebssystem Windows und  den Office-Produkten von Microsoft. Was heute selbstverständlich ist, war damals eine Sensation. Zum ersten Mal im Kreditsektor wurden statt speziellen Banken-Terminals Industrie-PC´s eingesetzt. Damit war die Bindung an einen Hersteller  Geschichte.

Als erstes wurden die bestehenden CAROLINE Anwendungen und die 3270-Emulation für die Wertpapierabwicklung umgestellt und die Office-Produkte Word, Tabellenkalkulation, Mail und Kalender in den Sparkassen eingeführt. Mit dem PC-System war es erstmals möglich, komplexere Abläufe und die Sachbearbeitung zu automatisieren. Dafür war es notwendig, vom kontenorientierten Buchungssystem auf eine kundenorientierte Abwicklung umzusteigen. Die Voraussetzungen dazu schufen die Entwicklung einer Kundendatenbank (Projektleiter Karl-Michael Udel) und die Einführung der kundenorientierten Abwicklung bei den Sparkassen (Projektleiter Gerhard Fiala).   

Als Abteilungsleiter Anwendungsplanung war ich für die Steuerung der Arbeitsplatz-Entwicklung zuständig. Die Weichenstellungen wurden im Kompetenzzentrum Anwendungsplanung und Organisation gemeinsam mit den Landeshauptstadtsparkassen und der GiroCredit  vorgenommen und die Projekte Kredit und KGI (Kunden/Geschäfts-Informationssystem) aufgesetzt.  

Von der Lochkarte zum PC-Entwickler-Arbeitsplatz

Programmierer benötigten anfangs der 70-er Jahre vor allem Genauigkeit und Geduld. Die Programme wurden auf Codierblättern geschrieben und von einer Locherin auf Lochkarten gestanzt. Dann wurden die Programme mit Compilern in eine Maschinensprache übersetzt. Wenn sie formal fehlerfrei waren, konnten sie nach cirka einer Woche auf die Erfüllung der Aufgabenstellung getestet werden. Maschinenzeit war rar und teuer,  der Arbeitsablauf war lang und das Verfahren fehleranfällig. Viele Probleme stellten sich daher erst im Echtbetrieb heraus und stellten das Operating in den Rechenzentren vor große Herausforderungen. Rückblickend grenzt es für mich an ein Wunder, dass es überhaupt irgendwie funktioniert hat.

Ums das Verfahren abzukürzen war es möglich, die freie Maschinenkapazität von 0:00 bis 10:00 in den Bundesländer-Rechenzentren zu nutzen. Ich erstellte die Programme in Wien im Closed- Shop – Betrieb und reiste damit zum Testen in eines der Bundesländer-Rechenzentren. So lernte ich Linz, Graz und Innsbruck  kennen. Ewig in Erinnerung ist mir eine Woche Spar-Testbetrieb in Graz. Der für die Abnahme verantwortliche Kollege Helmut Weber und ich fuhren gemeinsam in die schöne Steiermark. Ich testete in der  Nacht und hinterließ ihm die Ergebnisse zur Kontrolle. Helmut notierte die Fehler und ich korrigierte in der nächsten Nacht die Programme. So ging es die ganze Woche und erst beim Nachhause-Fahren haben wir uns wieder gesehen.  

Ein großer Rationalisierungsschritt war die Einführung des PET-Systems Ende der 70-er Jahre. Textverarbeitung machte die Lochkarten überflüssig und Verbesserungen in der Testabwicklung das Testen in den Bundesländer-Rechenzentren zur Ausnahme. Nur bei der Abnahme von großen Programmpaketen wie z.B. des Girosystems und bei Umstellungen war die Anwesenheit der Programmierer in den Rechenzentren notwendig und erwünscht.     

Anfang der 90-er Jahre wurde der PC-Arbeitsplatz auch für die Entwickler eingeführt und das PET-System am PC installiert. Damit stand den Entwicklern ein vollwertiger PC-Arbeitsplatz samt Office und Internet zur Verfügung. Mit fair use war der Internet-Zugang auch für die private  Anwendung möglich. So konnte Mitte der 90-er Jahre auch die erste Version des Online-Bankings genutzt werden.  Mit Abfragen, Überweisungen und der Wertpapier-Abwicklung war Netbanking damals schon fast ident mit der heutigen GEORGE-Abwicklung.

GERDA für die GiroCredit

1992 fusionierte die Girozentrale mit dem ÖCI (Österreichisches Creditinstitut).  Damit wurde aus der Zahlungsverkehrs- und Wholesalebank ohne Filialnetz eine Retailbank mit Filialen  in ganz Österreich. Mit dem Projekt GERDA (Giroerneuerung Datenbank) wurde der erste Schritt für die stufenweise Umstellung des in die Jahre gekommenen Giro-Buchungssystems auf ein Realtime-System gesetzt. Als Abteilungsleiter Erneuerung Grundgeschäte steuerte ich diesen Prozess. Das Realisierung und die ÖCI-Umstellung erfolgte dann in einem Projektteam unter der Leitung von  Heinz Schächle.

JUVAVUM – die Salzburger Sparkassen kommen zur SPARDAT

1993 fiel die Grundsatzentscheidung zur Umstellung der Salzburger Sparkassen auf das SPARDAT-System. Neben der Salzburger Sparkasse kamen damit 2 Institute der Erste Bank (Radtstadt und Tamsweg) und die kleine Sparkasse Mittersill in die Buchungsgemeinschaft. Die Salzburger Sparkasse hatte ein kompaktes Realtime-System mit PC´s am Arbeitsplatz für die computerunterstützte Sachbearbeitung (CuS). Unter dem Gesamtprojektleiter Walter Domandl wurde als Erstes das Rechenzentrum und der Entwicklungsbereich in die SPARDAT übernommen.

In der SPARDAT waren gerade die Arbeitsplatz-Systeme KGI (Kundengeschäfts-Informationssysstem) und Kredit, sowie das Giro-System GERDA (Giroerneuerung Datenbank) in Entwicklung. Nach dem Systemabgleich wurde beschlossen die neuen Systeme für die Salzburger Sparkassen einzusetzen und die Arbeitsplatz-Anwendung CuS auf das SPARDAT-System zu portieren. Der ehrgeizige Terminplan sah eine Umstellung im Jahr 1995 vor. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten alle neuen Programme erfolgreich eingesetzt sein. Daneben waren jede Menge von Detailänderungen (Valuten, Darlehen …)  notwendig.  Die Realisierung erfolgte in Wien und mit der bisherigen Mannschaft in Salzburg (Projekt CuS und Umstellungsprogramme).

Die große Herausforderung gegenüber bisherigen Umstellungen war der Einsatz eines  komplett neuen Arbeitsplatz-Systems. Als Projektleiter für die Umstellung der Anwendungen war ich für die Koordinierung dieser Aktivitäten verantwortlich. Zu diesem Zweck pendelte ich zwischen Wien und Salzburg. Gemeinsam mit anderen Kollegen wie dem leider schon verstorbenen Hans Schöller lernte ich die Mozartstadt kennen und lieben. Unser Arbeitsplatz in  Salzburg war im Stift St. Peter gleich neben dem Petersfriedhof. Wenn wir nach Torschluss dort ein- und ausgingen, konnten wir uns nur mit Mühe der Touristenmassen erwehren. Das Büro wurde nach uns nicht mehr benützt. Deshalb sind unsere Türschilder noch heute zu bewundern. 

Unser Arbeitsplatz im Kloster St. Peter

Unser Arbeitsplatz im Kloster St. Peter

 Projektaufsicht: Josef Weszelka (Projektleiter Salzburger Sparkasse), Franz Angelo Gruber (Projektleiter Anwendungen), DIng Karl-Michael Udel (Projektleiter CuS), Wolfgang Schwaminger (Projektleiter Erste Bank)

Ausschnitt aus einer Projektaufsicht: Josef Weszelka (Projektleiter Salzburger Sparkasse), Franz Angelo Gruber (Projektleiter Anwendungen), DIng Karl-Michael Udel (Projektleiter CuS), Wolfgang Schwaminger (Projektleiter Erste Bank)

Eine weitere Herausforderung war der Ablauf der Umstellung. In einem engen Zeitfenster mussten die Bestände von Salzburg nach Wien geschickt werden. Dieser komplexe Ablauf wurde öfters  unter Echtbedingungen durchgespielt und die Echtumstellung zu 3 Terminen (Mittersill, Erste Institute und Salzburger Sparkasse) war jedes Mal ein Erlebnis. Erst nach der erfolgreichen Datenüberleitung konnte mit der Umstellung der Arbeitsplätze begonnen werden. Ab diesem Zeitpunkt gab es kein Zurück mehr.

Mitte 1995 zeichnete sich ab, dass der ambitionierte Terminplan nicht eingehalten werden konnte. Deshalb wurde als Erstes die Sparkasse Mittersill auf das neue System umgestellt. Bei der Umstellung waren in Mittersill mehr SPARDAT-Mitarbeiter als Sparkassen-Mitarbeiter anwesend. Mit den gewonnen Erfahrungen konnten danach auch noch die beiden Erste-Institute Radstadt und Tamsweg übernommen werden. Die Umstellung der Salzburger Sparkasse selbst hing an einem seidenen Faden. Nach weiteren Probeumstellungen und einer Änderung der Eigentümerstruktur  – der ehemalige SPARDAT-Geschäftsführer Erwin Standl kam als Vertreter der Erste Bank im Vorstand der Salzburger Sparkasse in die Projektaufsicht – wurde auch die Salzburger Sparkasse im April 1996 erfolgreich übernommen. Damit waren die Bundesländer-Sparkassen vollzählig in der SPARDAT-Buchungsgemeinschaft vertreten. Wieder einmal konnte durch extreme Anstrengungen aller Beteiligten ein äußerst komplexes Projekt abgeschlossen werden. Für mich war es das herausfordernste und interessanteste Projekt meiner Laufbahn. Mit meinen mittlerweile 50 Jahren spürte ich aber schon die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit. 

EURO und Jahr 2000 – Aufbruch in eine neue Zeit

Das neue Jahrtausend warf seine Schatten voraus. 1997 wurde die GiroCredit im Zuge der Neuordnung des Sparkassensektor von der Erste Bank übernommen, 1999 wurde der Euro als Buchwährung eingeführt und der bevorstehende Jahrtausendwechsel brachte die Entwicklungsbereiche in Schwitzen.

Als Abteilungsleiter Anwendungsplanung erstellte ich die Machbarkeitsstudien für die Euro-Umstellung und den Weg ins Jahr 2000. Für den Jahrtausendwechsel schlug ich eine komplett neue Abnahmeumgebung vor, um die gesamte Umstellung vorweg zu verifizieren. Nach den Erfahrungen aus dem JUVAVUM wurde von der Geschäftsführung eine streng formale Projektabwicklung mit dem  Gesamt-Projektleiter DIng. Christian Nowak und dem Datum-2000-Projektleiter DIng. Christoph Wawerda beschlossen. Mit dieser Projektkonstruktion und einer Zeitreise-Umgebung  zur Simulation und Verifizierung der Umstellungsschritte konnten sowohl die Einführung des Euro als Buchgeld, als auch die Datumsumstellung problemlos bewältigt werden.

Für die Euro-Bargeld-Einführung war wieder ich als Projektleiter an der Reihe.  Die Rahmenbedingungen hatten sich durch den neuen Eigentümer Erste Bank massiv geändert. Das Projekt wurde gemeinsam mit der Organisation der Erste Bank abgewickelt und musste auch noch im Erste Bank – System umgesetzt werden. Betroffen waren 15.000 PC-Arbeitsplätze, Indoor-Bankomaten und das Online-Banking. Der Termin stand fest und jedes Problem hätte zu einem massiven Imageschaden für Erste Bank und Sparkassen geführt. Mit  den Erfahrungen des EURO/2000 – Projekts konnte auch der letzte und spektakulärste Teil der Euro-Umstellung erfolgreich bewältigt werden.   

Resumee

Zwischen 1970 und 2002 hat sich die Sparkassen-Welt grundlegend verändert

  • Als erste Sparkasse nahm die Allgemeine Sparkasse in Linz ab März 1970 die Dienste der SPARDAT in Anspruch, 1996 waren alle Bundesländer-Sparkassen in der Buchungsgemeinschaft und 1999 traf die Erste Bank die Grundsatzentscheidung für die Umstellung auf das SPARDAT-System
  • aus einer ausgelagerten Buchungsmaschine wurde eine höchst komplexe IT-Infrastruktur als Lebensader für die tägliche Geschäftsabwicklung
  • 1970 kam der Kunde zu den Öffnungszeiten in die Sparkasse. 2002 konnte  der Kunde rund um die Uhr in den SB-Filialen, an Bankomaten, an Bankomatkassen und mit Online-Banking  die Dienste der Sparkasse in Anspruch nehmen
  • der Schilling wurde vom EURO als Heimwährung abgelöst

Nicht einmal die Gründer der SPARDAT haben diese Entwicklung vorausgesehen. Immer leistungsfähigere Computer eröffneten laufend neue Möglichkeiten. Beim Einsatz von CAROLINE als Client/Serversystem und von PC´s als Arbeitsplatzsystem war die SPARDAT ihrer Zeit weit voraus. Der Einsatz und die Innovationskraft der SPARDAT-Mitarbeiter, sowie die gute Zusammenarbeit mit den Sparkassen waren wesentliche Erfolgsfaktoren. Für die ständig neuen Aufgaben war lebenslanges Lernen unerlässlich. Dafür hatten wir zu einer Zeit PC-Arbeitsplätze mit Internet-Anschluss, wo viele mit diesen Begriffen noch nichts anfangen konnten.

Als  Mitarbeiter der ersten Stunde durfte ich diese Entwicklung mitgestalten. Die wesentlichen Meilensteine habe ich auf  50 Jahre Sparkassenautomation zusammengefasst.  Der SPARDAT-Geist der Pionierphase, das visionäre Management und die vielen Kollegen und Kolleginnen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte, haben mich entscheidend geprägt.

Nach der Euro-Bargeldumstellung war keine interessante neue Aufgabenstellung  in Sicht. Damit war der  Zeitpunkt gekommen, um nach exakt 33 Jahren in der SPARDAT good-bye zu sagen. Mit meinen mittlerweile 57 Jahren wollte ich es als Selbständiger in der boomenden Internet-Branche versuchen. Aber das ist dann eine andere Geschichte.